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Aus Essl wird Albertina - moderne Kunst in Klosterneuburg

Kaum jemand wird an allen ausgestellten Kunstwerken Gefallen finden, zu breit ist das Spektrum - von Arnulf Rainer bis zu Anselm Kiefer, von Christian Ludwig Attersee bis zur amerikanischen Popart, ganz zu schweigen von jungen Künstlerinnen und Künstlern, die noch einmal neue Perspektiven und Ansätze einbringen. Umgekehrt bin ich überzeugt, dass jede Liebhaberin und jeder Liebhaber moderner Kunst hier Kleinode findet, die ihr oder ihm aus der Seele sprechen.

 

Ich persönlich bin zum Beispiel kein großer Fan des Wiener Aktionismus, weil das, was wir in Museen - wie auch hier - von dieser Kunstrichtung zu sehen bekommen, meiner laienhaften Ansicht nach eher ein Zufallsprodukt ist, während die eigentliche Kunst im Entstehungsprozess liegt, der für ein späteres Publikum nicht reproduzierbar ist.


Auch mit Pop Art und den Vertretern der „radical flatness“ kann ich herzlich wenig anfangen - dennoch kam ich in der neuen Außenstelle der Albertina voll auf meine Kosten. Sei es die Auseinandersetzung eines Jörg Immendorff mit der Teilung Deutschlands, sei es Markus Lüpertz, der den deutschen Nationalpathos ad absurdum führt, sei es die berückend plastische, geradezu haptische Malerei von Anselm Kiefer oder die überwältigend präsente natürliche Weiblichkeit einer Michela Ghisetti - viele der Ausstellungsstücke gehen - jedenfalls mir - direkt unter die Haut.

 

Neben klassischen Gemälden faszinieren Skulpturen wie die „Heilende Akrobatik“ von Virgilius Moldovan - eine erschreckend lebensnahe Plastik, die den damaligen Papst Benedikt XVI alias Joseph Ratzinger abbildet, der unter sichtlichen Mühen seinen Vorgänger Johannes Paul II in einer (in der Physiotherapie weit verbreiteten) Übung im wahrsten Sinne des Wortes „schultert“. Nicht minder beeindruckte mich die Skulptur „Die Hand Gottes“ desselben Künstlers, oder die bedrückende Bronzeskulptur "Mirage" von Marc Quinn, die Folterpraktiken im US-amerikanischen Gefängnis Abu-Ghraib versinnbildlicht.

 

Last, but not least, begeisterte ich mich für die brandaktuellen Werke zeitgenössischer Künstlerinnen und Künstler wie von Radenko Milak oder Stefanie Holler, die etwa die Einschränkung der persönlichen Freiheit während der Coronakrise oder den verklärt-sentimentalen Rückblick auf technische Errungenschaften der Vergangenheit thematisieren.

 

Fazit: Wer moderne Kunst schätzt, sollte diese Ausstellung unbedingt besuchen, sich dabei aber auf jene Werke konzentrieren, die sie oder ihn persönlich ansprechen!

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