· 

Glanz und Elend im Leopoldmuseum

Nach den Schrecken und dem Horror des Ersten Weltkriegs litten viele Menschen in den 1920er Jahren bittere Not, während die Kriegsgewinnler in Luxus schwelgten. Gleichzeitig suchte man, durch exzessive Lebenslust die erlittenen Traumata zu verarbeiten. Die - durch den Wegfall männlicher Arbeitskräfte zu einem neuen gesellschaftlichen Status gelangten - Frauen machten in Worten und Erscheinungsbild ihr Recht auf Emanzipation geltend.

 

Entsprechend vielseitig und gegensätzlich gestaltete sich die Malerei jener Zeit, die sich vom Expressionismus abwandte und im Stil einer neuen Sachlichkeit bemüht war, realistische Abbilder des gleichermaßen erschreckenden wie faszinierenden Alltags zu schaffen. Nur wenige Jahre dauerte die Hochblüte der neuen Kunstform an. Unter dem aufkommenden Nationalsozialismus wurden die Werke als „entartete Kunst“ verunglimpft. Die meisten Künstler konnten sich ins Exil flüchten, einige wurden in Konzentrationslagern ermordet, andere passten sich an die Erwartungen des neuen Regimes an.

 

Die Ausstellung zeigt die Werke in wohldurchdachter thematischer Gruppierung und räumt auch den individuellen Geschichten der einzelnen Künstlerinnen und Künstler breiten Raum ein. Besonders berührend, zum Teil erschütternd fand ich persönlich die sozialkritischen Kunstwerke, die das bittere Elend der damaligen Zeit und die unerträglichen Gegensätze zwischen Arm und Reich anprangern.

Fazit: Eine in höchstem Maße sehenswerte Ausstellung, die ich künstlerisch, aber auch historisch interessierten Menschen ausdrücklich ans Herz lege!

 

Weit weniger eindrucksvoll, aber durchaus einen Blick wert, ist die Ausstellung „Unknown Familiars“ im zweiten Untergeschoß. Aus Anlass des 200. Firmenjubiläums des Wiener Städtischen Versicherungsvereins vereint sie Werke aus den Sammlungen der Unternehmensgruppe - leider in völlig unstrukturierter, anscheinend zufällig zusammengewürfelter Anordnung und ohne jegliche Erläuterung. Neben vielen Ausstellungsstücken, die mich kaum ansprachen, verbergen sich hier auch einige echte Perlen - die leider nicht gebührend zur Geltung gebracht werden, sondern der Entdeckung durch die aufmerksame Betrachterin überlassen sind.


Kommentar schreiben

Kommentare: 0