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Die Anomalie

Hervé Le Tellier

Klappentext:

Der spektakuläre Bestseller aus Frankreich: eine brillante Mischung aus Thriller, Komödie und großer Literatur. Im März 2021 fliegt eine Boeing 787 auf dem Weg von Paris nach New York durch einen elektromagnetischen Wirbelsturm. Die Turbulenzen sind heftig, doch die Landung glückt. Allerdings: Im Juni landet dieselbe Boeing mit denselben Passagieren ein zweites Mal. Im Flieger sitzen der Architekt André und seine Geliebte Lucie, der Auftragskiller Blake, der nigerianische Afro-Pop-Sänger Slimboy, der französische Schriftsteller Victor Miesel, eine amerikanische Schauspielerin. Sie alle führen auf unterschiedliche Weise ein Doppelleben. Und nun gibt es sie tatsächlich doppelt - sie sind mit sich selbst konfrontiert, in der Anomalie einer verrückt gewordenen Welt.

 

Hochkomisch und teuflisch intelligent spielt der Roman mit unseren Gewissheiten und fragt nach den Grenzen von Sprache, Literatur und Leben. Facettenreich, weltumfassend, ein literarisches Ereignis.

 

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Meine Meinung:

Tiefgründig, humorvoll und klug - ein literarisches Gedankenspiel

Dass mir der Autor Hervé Le Tellier nie zuvor untergekommen war, konnte ich nach der Lektüre seines preisgekrönten Romans „Die Anomalie“ kaum fassen: Hier haben wir es definitiv mit großer Gegenwartsliteratur zu tun!

 

Von der ersten Seite an sprach mich der Schreibstil an: In einer schnörkellosen Sprache steigt der Autor unmittelbar in das Geschehen ein, macht sich nicht erst die Mühe, Hintergründe oder Zusammenhänge zu erklären und dem Leser, der Leserin seine Protagonisten vorzustellen. Und derer sind es viele, schildert doch der erste Teil des Romans scheinbar wahllos Sequenzen aus den Leben mehrerer


völlig unterschiedlicher Persönlichkeiten - vom Auftragsmörder über den glücklosen alternden Liebhaber bis zur ehrgeizigen Rechtsanwältin oder dem homosexuellen nigerianischen Popsänger sind alle sozialen, intellektuellen und gesellschaftlichen Gruppen vertreten. So verschieden die Protagonisten sind, so dicht bleibt Le Tellier an jedem und jeder einzelnen von ihnen dran, sodass sich der Leser, die Leserin tatsächlich in jedes dieser vielen Leben hineinversetzt fühlt.

 

Zunächst ist, abgesehen von einem turbulenten Flug, den alle Protagonisten vor einigen Monaten erlebt haben, kein Zusammenhang zwischen den einzelnen Schicksalen zu erkennen. Dann jedoch nimmt die Story mit einem Paukenschlag eine atemberaubende Wendung (die ich verraten darf, weil sie auch im Klappentext steht): Denn drei Monate nach der Landung landet exakt dasselbe Flugzeug mit exakt denselben Passagieren an Bord ein zweites Mal! Ab diesem Zeitpunkt existiert jede der Personen, deren Schicksal wir bis dahin verfolgt haben, doppelt. 

 

Das war der Punkt, von dem an ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen konnte. Denn abgesehen von der unmittelbaren Handlung, die schon für sich spannend genug wäre, poppt nun eine Fülle an fundamentalen Fragen des Lebens auf wie Popcorn in der Mikrowelle. Und genau auf diese Art nähert sich der Autor den Fragen, die an den Grundfesten unseres Selbstverständnisses, ja unseres Verstandes rühren: leichtfüßig, humorvoll, spielerisch, ohne gerunzelte Stirn oder erhobenen Zeigefinger. In der Aufmachung von Überraschungseiern werden komplexe philosophische Gedankenspiele auch für Leserinnen und Leser zum Genuss, die mit Kant oder Hegel wenig am Hut haben.

 

Sprachgewaltig und mit psychologischem Feingefühl serviert der Autor seiner Leserschaft ein Potpourri an Denkanstößen, das lange vorhält. Und das Ende der Geschichte … Gänsehaut!

 

 

Mehr soll hier nicht verraten werden, denn eines steht für mich fest: JEDER Liebhaber gehobener moderner Literatur, der sich nicht zu gut ist, intellektuelle Leckerbissen in leicht verdaulicher Form zu sich zu nehmen, sollte dieses Buch lesen!

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